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Rudolstadt, Heidecksburg

Geschichte:

In den Schriftquellen findet der Ort Rudolstadt erstmals zu Beginn des 9. Jh. im Brevium Lulli, dem Güterverzeichnis der Abtei Hersfeld, Erwähnung. Die frühesten archivarischen Nachrichten, die auf die Existenz einer Burg in Rudolstadt deuten, datieren hingegen in das Jahr 1222/23. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Rudolstadt seit knapp zweieinhalb Jahrzehnten im Besitz der Grafen von Orlamünde. 1198 verfügte Graf Siegfried III. von Orlamünde über Rudolstadt, und 1264 ist von zwei Burgen, dem „niederen“ und dem mit dem späteren Schloss Heidecksburg identischen „oberen Haus“ die Rede.
1334 gelangte Rudolstadt zur Hälfte pfandweise an die urkundlich erstmals nachweisbaren Grafen von Schwarzburg, die sechs Jahre später die zweite Hälfte von Rudolstadt in Besitz nehmen konnten. Im Verlauf der Thüringer Grafenfehde (1342 - 1345) wurde Rudolstadt zerstört, jedoch in der Folgezeit wieder aufgebaut.
Im Spätmittelalter bildeten sich zwei Herrschaftsbereiche der Grafen von Schwarzburg aus, die so genannte Oberherrschaft im mittleren Abschnitt des Thüringer Waldes mit Arnstadt, Stadtilm, Paulinzella, Blankenburg und Rudolstadt sowie die Unterherrschaft auf dem Kyffhäuser mit Sondershausen und Frankenhausen. Unter Graf Günther XL. (1499 - 1525) war der umfangreiche Besitz letztmalig in der Hand eines Regenten vereinigt. Seine Nachfolger führten im Zeitraum von 1571 bis 1599 vier Landesteilungen durch. Schließlich kam es zur Ausbildung von zwei getrennten Grafschaften: Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt. Rudolstadt selbst avancierte zu Beginn der 1570er-Jahre zur Residenzstadt der südlichen Grafschaft. Nach einem Brand ließ Graf Albrecht VII. (1537 - 1605) durch den Mainzer Architekten Georg Robin und den Arnsteiner Baumeister Christoph Junghans eine Renaissance-Schlossanlage errichten. Für das Jahr 1576 ist die Weihe der Schlosskapelle überliefert.
Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung der Residenzstadt Rudolstadt sowie die bauliche Entwicklung des Schlosses Heidecksburg wirkte sich die 1710 erfolgte Erhebung des Hauses Schwarzburg in den Fürstenstand aus. Der Wunsch nach standesgemäßer Repräsentation führte zur Ausweitung der fürstlichen Hofhaltung sowie zu umfangreichen baulichen Aktivitäten auf Schloss Heidecksburg sowie in dessen Umfeld, u. a. Bau des Schlosses Ludwigsburg unterhalb des Schlosses. In der Folgezeit blieb Rudolstadt Residenz- und Hauptstadt des Fürstentums. Der letzte regierende Fürst Günther-Viktor (gest. 1925) dankte 1918 ab, wenige Jahre, nachdem er infolge des Erlöschens der Linie Schwarzburg-Sondershausen auch deren Besitz übernommen hatte und die Fürstentümer in Personalunion regierte. Immobilien- und Kunstbesitz des Fürsten wurden Stiftungsvermögen, da am 1. April 1923 durch das Land Thüringen übernommen. Heute beherbergt das Schloss das Thüringer Landesmuseum Heidecksburg, die Verwaltung der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten sowie das Thüringische Staatsarchiv Rudolstadt.
(Jens Friedhoff)

Bauentwicklung:

Von der hochmittelalterlichen Burggründung der Grafen von Orlamünde, die um 1200 über Besitz in Rudolstadt verfügten, haben sich nur geringe bauliche Reste erhalten. Die Burg, die zur Unterscheidung einer zweiten 1264 erwähnten Befestigungsanlage als „oberes Haus“ bezeichnet wurde, ist im Bereich des Terrassengartens bzw. des an der Nordseite des Schlosses Heidecksburg befindlichen Wirtschaftsgebäudes (Marstall) zu lokalisieren. Erhalten blieb u. a. die Hälfte eines Rundturms, der in den Marstall integriert wurde.
Wesentlich besser als zum mittelalterlichen Baubestand ist die Überlieferung zu den renaissancezeitlichen Bauten zu Heidecksburg. Graf Albrecht VII. (1537 - 1605) ließ unter Verwendung von Teilen eines Vorgängerbaus nach einer Brandzerstörung ab 1573 eine mehrflügelige Renaissanceanlage errichten, für deren Planung bzw. Ausführung er den Mainzer Architekten Georg Robin sowie den aus Arnstadt stammenden Baumeister Christoph Junghans heranzog. 1576 wurde die Schlosskapelle geweiht. 1735 fielen Teile des Renaissanceschlosses einem Brand zum Opfer, so dass sich die Gelegenheit zu einem barocken Neubau zwischen Süd- und Nordflügel bot. Fürst Friedrich Anton von Schwarzburg-Rudolstadt (1692 - 1744) beauftragte den sächsischen Oberlandbaumeister Johann Christoph Knöffel aus Dresden mit Planung und Ausführung. Als Bauleiter war der schwarzburgische Baumeister Johann Jakob Rousseau auf der Schlossbaustelle tätig. Als sich 1742 Schäden am Neubau zeigten, zog der Fürst Gottfried Heinrich Krohne aus Weimar zur Begutachtung heran, der 1743 schließlich statt Knöffel zum Fürstlichen Baudirektor berufen wurde. Gestaltung und Ausbau der Innenräume zogen sich bis 1756 hin. Südlich des Festsaals wurde die so genannte Rote Raumfolge fertig gestellt. Die so genannte Grüne Raumfolge wurde von Peter Caspar Schellschläger aus Rudolstadt nach den Plänen des Architekten Krohne bis 1770 ausgeführt. Nicht zur Ausführung gelangte die von Krohne geplante Schlosskirche im Nordflügel. Sowohl das Haupttreppenhaus wie auch die Räume im Westflügel wurden klassizistisch umgestaltet. Bis zur Entlassung Knöffels wurde 1741 der in der Südwestecke befindliche Turm aufgeführt, der 1743/44 nach durch Knöffels Nachfolger Krohne vollendet wurde. Die Hofseite des Nordflügels erhielt ihre Gestalt im späten 18. bzw. frühen 19. Jh. Der den Schlosshof nach Norden abschließende langgezogene Marstall wurde um 1800 aufgeführt. Die Mitte des Gartenparterres nimmt das oktogonale Schallhaus ein, dessen Anfänge ins ausgehende 16. bzw. beginnende 17. Jh. zurückreichen, während die geschweifte Kuppel erst in der zweiten Hälfte des 18. Jh. entstand.
(Jens Friedhoff)

Baubeschreibung:

Das Gesamtbild der die Stadt Rudolstadt beherrschenden großzügigen Schlossanlage wird im Wesentlichen durch die barocken Neubauten bestimmt. Zur Baugestalt der mittelalterlichen Burg, von der sich nur geringe Reste in Form eines in den Marstall integrierten Rundturms erhalten habe, liegen bislang keine gesicherten Erkenntnisse vor.
Über die Baugestalt des in den frühen 1570er-Jahren errichteten Renaissanceschlosses sind wir durch Bild- und Schriftquellen sowie den noch teilweise nachvollziehbaren Baubestand besser informiert. So präsentiert sich das Residenzschloss Heidecksburg auf einer 1669 datierten Zeichnung von Nikolaus Häublein als ein mehrflügeliger dreigeschossiger Bau, dessen Dachlandschaft durch volutengeschmückte Zwerchhäuser und zahlreiche Schornsteine belebt wurde. Die sparsame Gliederung der Fassaden erfolgte durch Gesimse.
Ein Brand bot 1735 die Möglichkeit zur Wiederherstellung bzw. zum Ausbau des seit 1710 als Residenz der in den Fürstenstand erhobenen Linie Schwarzburg-Rudolstadt dienenden Schlosses. In mehreren Bauabschnitten entstand das beeindruckende barocke Schloss Heidecksburg nach Plänen des sächsischen Baumeisters Knöffel, nach dessen Ablösung in Rudolstadt der Weimarer Architekt Krohne planerisch wie auch ausführend tätig war.
Dominiert wird die dreiflügelige Anlage von dem Westflügel, dessen Rohbau 1739 vollendet wurde. Knöffel behielt die vom Vorgängerbau stammenden Gewölbehallen des Erdgeschosses sowie die Durchfahrt bei und verdoppelte den Flügel hofseitig durch eine vorgelegte Galerie. Die strenge Fassadengliederung durch Lisenen und Gesimsbänder zeigt deutlich die Formensprache des sächsischen Spätbarocks. Die neun Fensterachsen umfassende Hoffront wird durch einen dreiachsigen Risalit betont.
Im Inneren beeindruckt die weitläufige Schlossanlage u. a. durch den eleganten zweigeschossigen Festsaal sowie die z. T. gut erhaltenen, nach der Farbe der Wandbespannung und ihrer Einrichtung als rot bzw. grün bezeichneten Raumfolgen.
Nördlich wird der Hof durch diverse Ökonomiegebäude begrenzt. Auf einer niedrigeren Geländestufe schließt sich das Gartenparterre mit dem in der Mitte gelegenen Schallhaus an.
(Jens Friedhoff)